Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika

Panafrikanische Freihandelszone (AfCFTA) – Die Verhandlungen gehen langsam voran

„Es ist klar, dass wir eine afrikanische Lösung für Afrikas Probleme finden müssen und dass diese nur in afrikanischer Einheit gefunden werden kann. Geteilt sind wir schwach; vereint könnte Afrika eine der größten Kräfte für das Gute in der Welt werden.“ Dieser Appell zur Einheit von Kwame N'Krumah, dem ersten Präsidenten des unabhängigen Ghana erlebt in den letzten Jahren eine Wiederbelebung. Konkretisiert wird sie an der AfCFTA, um die sich Menschen aus dem Kontinent und aus der afrikanischen Diaspora scharen mögen, damit dieses Projekt ein Erfolg wird. Diejenigen, die hinter dieser Mobilisierung stehen, führen vor Augen die suboptimalen Auswirkungen auf die Entwicklung Afrikas der bisherigen multilateralen und bilateralen Handelsabkommen der Länder und Regionen Afrikas mit dem Rest der Welt. Sie sehen in der AfCFTA die letzte greifbare Chance für Afrikas wirtschaftliche Transformation. Aber der Weg bis zur vollen Umsetzung der AfCFTA bleibt noch lang.

Stand der Verhandlungen

Im Januar trat die AfCFTA in Kraft. Sie will durch den Abbau von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen sowie die Erleichterung der Freizügigkeit von Personen und Arbeitskräften, des Aufenthaltsrechts, des Niederlassungsrechts und der Investitionen den binnenafrikanischen Handel vorantreiben. Die Zahl der Länder, die das Abkommen ratifiziert haben, beläuft sich jetzt auf 37 von den 54 Unterzeichner. Dies ist zwar ein Fortschritt, verglichen mit dem Stand vom Januar, als weniger als 30 AU-Mitglieder ihre Ratifizierungsinstrumente eingereicht hatten. Anders als die Unterzeichnung ist die Ratifizierung bindend für die Mitgliedstaaten. Vielleicht aus diesem Grund ist es zu beobachten, dass es eine Reihe von Ländern gibt, die sich der AfCFTA angeschlossen haben und jetzt doch zögern, den entscheidenden Schritt zu machen. Alle Länder, die die Ratifizierungsinstrumente eingereicht haben, sind rechtlich verpflichtet, die notwendigen Schritte zur Umsetzung der AfCFTA einzuleiten. Dennoch bedarf es, damit der Warenverkehr unter AfCFTA tatsächlich stattfinden kann, ausgehandelter gegenseitiger Zollzugeständnisse und präferenzieller Ursprungsregeln. Das Sekretariat der AfCFTA vermeldet, dass bei den Verhandlungen über die Ursprungsregeln beachtliche Fortschritte erzielt worden seien. Aber bis zum Ziel sind noch viele Hürden zu überwinden. Dies gilt etwa für die Festlegung der Zollzugeständnisse. Hier haben nicht alle Länder, die die AfCFTA ratifiziert haben, ihre Angebote entsprechend den vereinbarten Modalitäten vorgelegt. Dies ist eine wichtige Voraussetzung, damit der komplexe Verhandlungsprozess in die entscheidende Phase treten kann.

Was die Dienstleistungen angeht, sind auch die Verhandlungen in Gang und sie konzentrieren sich zunächst auf fünf Sektoren: Finanz-, Transport-, Kommunikations-, Tourismus- und Unternehmensdienstleistungen. Der Gesundheitssektor war in dieser Phase nicht eingeplant, soll aber, auch als Reaktion auf die Corona-Pandemie, zusammen mit dem Bildungssektor in absehbarer Zeit in Angriff genommen werden. Die Arbeit an den Rahmenbedingungen für die regulatorische Zusammenarbeit schreitet ebenfalls voran. Parallel zu den bis jetzt erwähnten Verhandlungen wurden auch Arbeitsgruppen gebildet, die zu den Themenbereichen der zweiten Phase der AfCFTA Sondierungsgespräche in Gang gesetzt haben. Dazu gehören Investitionen, Regeln zum Schutz des geistigen Eigentums und Wettbewerbsregeln. Die Protokolle zum digitalen Handel (E-Commerce), zu Frauen, Jugend und Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMU) sind für die dritte Phase der AfCFTA geplant und haben noch nicht begonnen.

Große Erwartungen – langer Weg bis zur Umsetzung

Bei der AU sind die Erwartungen an der AfCFTA sehr groß. Mehr als ein Instrument zur Ankurbelung des binnenafrikanischen Handels, sehen die Protagonist:innen der AfCFTA in diesem Regelwerk ein Instrument der Entwicklung und der Diversifizierung der Produktionskapazitäten Afrikas und der Verbesserung seiner Wettbewerbsfähigkeit. Kritker:innen zählen letztere eher zu den Voraussetzungen, die erfüllt werden müssten, damit die AfCFTA eine Chance auf Erfolg hat. Die Protagonist:innen haben die Hoffnung, dass eine bessere Integration der Länder und Regionen des Kontinents durch ein verbessertes Zoll- und Grenzmanagement und allgemeinere Verbesserungen bei der Steuerung des Handels die Größe des afrikanischen Marktes sichtbarer macht. Die Größe des Marktes wird, so die Hoffnung, die Investitionen anziehen, die es für die Diversifizierung bedarf. Zwar wird betont, dass es sich dabei sowohl um inländische und ausländische Investitionen handelt, aber die Jagd mancher Länder des Kontinents nach ausländischen Investitionen ist bekannt. Zugleich werden nicht nur die inländischen Investoren entmutigt, sondern auch die Potentiale der nationalen Regierungen für eigene Ressourcenmobilisierung, die reinvestiert werden können, vergeudet. In wessen Interesse wird ein Freihandelsabkommen funktionieren, das vor allem mit ausländischen Direktinvestitionen entwickelt werden soll, ist eine wichtige Frage, die die Protagonist:innen der AfCFTA oft losgelöst von den bisherigen Erfahrungen mit FDIs beantworten.

Der Blick auf die noch bevorstehenden Verhandlungsrunden zeigt, dass es noch ein langer Weg ist, bis die AfCFTA messbare Wirkungen zeigen kann. Ob und wann die schwierigen Verhandlungen zu all den hier skizzierten Bereichen erfolgreich abgeschlossen werden können, bleibt offen. Über die Komplexität der Themen und der Verhandlungsprozesse hinaus, die durch die pandemie-bedingten Einschränkungen der Mobilität noch schwieriger geworden sind, muss dieses zentrale Projekt der „Agenda 2063“ der Afrikanischen Union „The Africa we want“ für eine erfolgreiche Umsetzung grundsätzliche Hindernisse überwinden. Dazu gehören ein Infrastrukturdefizit, das der Entfaltung der Handelspotentiale in und zwischen den Ländern auch trotz AfCFTA im Wege stehen wird, die schwache Produktivität und Diversifizierung der meisten Ökonomien des Kontinents, die Handelsstreiten zwischen den Mitgliedstaaten der AU in einigen Regionen und die Heterogenität der Mitgliedsstaaten der Afrikanischen Union, die auch darin Ausdruck finden, das sie unterschiedlich gut darauf vorbereitet sind, die Anforderungen eines so komplexen Abkommens und der dazugehörigen Protokolle und Anhänge umzusetzen. Schwerwiegender jedoch ist die Tatsache, dass einige Mitglieder AU-Mitglieder parallel zu den AfCFTA-Verhandlungen andere Verhandlungen mit Drittländern und Regionen führen, die über bessere Verhandlungskapazitäten verfügen. Diese können ihre Freihandelsabkommen mit entsprechenden afrikanischen Ländern und Regionen so positionieren, dass sie alle Schwächen der AfCFTA im Blick auf die Ursprungsregeln ausnutzen können. Auch dies birgt ein großes Konfliktpotential, das auf dem Kontinent derzeit wenig beachtet wird.