Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika

BIG Namibia 2.0: Die Kampagne formiert sich neu

Nach 30 Jahren Unabhängigkeit steht Namibia vor seiner schwersten sozio-ökonomischen Krise, die durch die Covid-19-Pandemie noch erheblich verschärft wurde.  Massenarbeitslosigkeit und anhaltend hohe Ungleichheit haben junge Menschen und Frauen besonders hart getroffen, und die politischen Parteien scheinen nicht in der Lage zu sein, Lösungen für die Krise zu finden.  Infolgedessen sinkt das Vertrauen in das politische Establishment, was sich im Ergebnis der Wahlen vom November 2019 widerspiegelt, als die Regierungspartei SWAPO von fast 80 Prozent auf 65 Prozent der nationalen Stimmen zurückging. Auch die Zustimmung für Präsident Geingob sank drastisch von 87 Prozent auf 53 Prozent. Dies ist das erste Mal seit der Unabhängigkeit Namibias im Jahr 1990, dass die Regierungspartei und ihr Präsident einen derartigen Stimmenrückgang erlebten. Anscheinend sind die Namibier*innen auf der Suche nach neuen Ideen zur Lösung der Krise.  Dies zeigt sich auch in der wachsenden Unterstützung für unabhängige Kandidaten bei Regionalwahlen und im Entstehen neuer politischer Formationen wie der Partei der Landlosenbewegung (LPM).  Die LPM hat kürzlich ein BIG von 750 N$ pro Monat für die nächsten 2 Jahre gefordert.

Die dramatische sozioökonomische Situation hat die Zivilgesellschaft des Landes auf den Plan gerufen, um einen neuen Versuch für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens BIG zu starten. Viele Aktivist*innen der ersten Stunde, aber auch neue, junge Gesichter sind sich einig, dass die Maßnahmen, die die Regierung zur Minderung der dramatischen Auswirkungen sowohl der Corona-Pandemie selbst als auch der Lockdown-Maßnahmen bei weitem nicht ausreichend sind, um die Folgend und Schäden abzuwenden.

„Mit der COVID-19 Pandemie hat sich die Situation für uns noch verschlimmert, denn zu unserer Last ist noch der tägliche Überlebenskampf hinzugekommen. Viele von uns haben durch die Pandemie ihren Arbeitsplatz verloren. Viele Namibier*innen sind im informellen Sektor beschäftigt, von dem sie als einzige Einkommensquelle komplett abhängig sind. Durch die Ausgangssperre wurden wir von dieser Einkommensquelle abgeschnitten, da es uns nicht erlaubt ist, zu arbeiten, um unseren Lebensunterhalt zu sichern. Sie hat unsere Armut und unseren Hunger vergrößert und uns der Fähigkeit beraubt, uns selbst als Menschen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Unsere Staats- und Regierungschefs bieten uns keine langfristige Hilfe an, da wir weiterhin täglich ums Überleben kämpfen, obwohl wir ihnen in der Hoffnung vertraut haben, dass sie unser Wohlergehen sichern werden“, heißt es in der Deklaration, die von über 20 zivilgesellschaftlichen Organisationen unterzeichnet wurde.

Der Launch der Kampagne fand am 8. September online statt und hatte leider viel weniger Resonanz sowohl bei virtuellen Besucher*innen als auch in der Presse erzielt. Vielleicht weil sich die Organisator*innen entschlossen, den Launch während der internationale Woche für ein Grundeinkommen stattfinden zu lassen und dadurch unter enormem Zeitdruck standen.

Von Beginn an wurde vor allem auf Mobilisierung und Verbreitung über soziale Medien gesetzt. Die Kampagne übernahm die von der KASA gepflegte Facebookseite https://www.facebook.com/basicincomegrantnamibia, um über den Launch und die Idee dahinter zu informieren und auch die Ergebnisse des Politprojektes von 2008/9 wieder ins Gedächtnis zu rufen.

Die von der Koalition verfasste Deklaration ist sehr deutlich in ihrer Kritik an der Regierungsführung, und fordert Politiker*innen explizit auf, sich um das Wohl aller Bürger*innen zu kümmern. Der Slogan “No BIG, No vote for you!”, mit dem die Erklärung endet, sorgte aber bereits für erste Unstimmigkeiten innerhalb der Koalition, weil sie für einige zu regierungskritisch sei. Dabei wäre eine positive Formulierung – etwa „wir wählen euch nur, wenn ihr Euch für die Einführung eines BIGs einsetzt. – eine politische Strategie, die auch die Demokratie des Landes fördern würde. Eine intensivere Zusammenarbeit mit Oppositionsparteien wie etwa dem LPM könnte hier eine weitere Strategie sein, um die Regierung unter Druck zu setzen.

Doch eines wurde in den Debatten deutlich: die Kampagne muss aus ihren Fehlern der Vergangenheit lernen und viel deutlicher ihre Forderungen stellen. Dazu gehört unter anderem auch, eine breitere Massenmobilisierung für das Thema, was angesichts der Situation unter COVID 19 durchaus vorstellbar ist. Aber eben auch eine Konfrontation mit der Regierung, die über die erste Legislaturperiode von Präsident Geingob durch die Ernennung von Bischof Kameeta zum Minister für Soziale Angelegenheiten vorgaukelte, sie würde an der Umsetzung eines BIG arbeiten.

„ Wir glauben, dass unter den gegenwärtigen Bedingungen der notwendige Wandel nicht von der politischen Führung unserer gegenwärtigen politischen Parteien ausgehen wird, und daher besteht die Notwendigkeit, marginalisierten und ausgebeuteten Gruppen die Möglichkeit zu geben, zu Agenten des Wandels zu werden.  Insbesondere junge Menschen müssen zu treibenden Kräften des Wandels werden, indem sie die strukturellen Bedingungen, die die gegenwärtige Krise verursacht haben, und die Möglichkeiten, sie zu verändern, verstehen“, so ist es in der bereits erwähnten Deklaration nachzulesen.

Ob es der Kampagne dieses Mal gelingen wird, vor allem auch junge Menschen zu mobilisieren und damit den nötigen Druck von unten erzeugen kann, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.

Bisher arbeiten die Aktivist*innen noch weitgehend ehrenamtlich. Die Kampagne selbst hat keinerlei Finanzierung, sie ist bisher auf Spenden angewiesen.

Mit einer Spende können Sie diese wichtige Kampagne unterstützen.

Bankverbindung über ein deutsches Konto:

Werkstatt Ökonomie

Stichwort: BIG Kampagne
GLS Gemeinschaftsbank eG
IBAN DE12 4306 0967 8018 8516 01
BIC GENODEM1GLS

Oder direkt bei dem Träger der Kamapgne in Namibia

Economic and Social Justice Trust

Bank Windhoek     Maerua Mall   branch code 483872 

SWIFT code: BWLINANX