Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika

Tag Fünf beim MC13

Ursprünglich sollte die Abschlußkonferenz der MC13 in Abu Dhabi gestern, 29.02. um 14 Uhr stattfinden. Sie wurde auf 18:00 verschoben, dann auf 23:59, auf den 01.03. um 14 Uhr und Stand 11 Uhr lokale Zeit heißt es nun: 17:00. So eine unsichere Terminierung der Abschlusszeremonie ist nicht neu für die Ministerialkonferenzen der Welthandelsorganisation. Die Unsicherheit in der Terminierung der Abschlusssitzung ist in der Regel ein Zeichen großer Divergenzen der Positionen hinter den Kulissen, wenn noch ein bisschen Hoffnung besteht, dass Kompromisse noch möglich sind. Es gab schon mal Ministerialkonferenzen, die genau wie geplant zu Ende gingen, weil die Delegierten schnell feststellten, dass sich nicht auf einen Text einigen konnten, der der Welt erklärt, dass sie sich in den wesentlichen Tagesordnungspunkten nicht einigen konnten. So gesehen ist hier Hoffnung noch erlaubt, wobei die Meinungsverschiedenheiten zwischen den verschiedenen Interessenkonstellationen erheblich sind, so ist es von allen Seiten zu hören. Sie erstrecken sich auf fast alle Themen, die dieser Konferenz auf der Tagesordnung standen.

Ganz besonders sind Meinungsverschiedenheiten im Landwirtschaftstextentwurf auszumachen. Hier scheinen alle Konfliktparteien auf ihre ursprünglichen Positionen zu beharren. Es bedeutet, dass keine Kompromisse erzielt werden konnten im Blick auf die besonderen Schutzmaßnahmen ihrer Märkte, die Entwicklungsländer einfordern und im Blick auf Subventionen, ein Thema, mit denen sich Industrieländer, aber auch einige exportorientierte Entwicklungsländer wie Indien und Brasilien schwertun.  Hier wird ein Deal als unwahrscheinlich eingestuft.

Ein weiteres Konfliktthema ist Fischerei. Der Text dazu soll in den letzten Stunden viele Fortschritte erzielt haben. Ein Deal ist hier möglich, aber es gibt noch Klärungsbedarf im Blick auf die Frage, ob die Ausnahmeregelungen auch für große Flotten gelten sollen, wie lange die Übergangszeit für Schwellen- und Entwicklungsländer sein soll und ob das Verbot der Zwangsarbeit auf den Flotten, die die USA fordert, integriert werden soll.  Dies mag positiv klingen, aber dieses Fischerei-Abkommen ist in seiner Grundausrichtung eine Farce. Es ermöglicht, dass die 10 größten, zu denen China, Russland, die USA, die EU, Japan, Norwegen, die UK, Südkorea und Kanada gehören, ihre Fischereiindustrie subventionierenden Länder ihre Subventionen aufrechterhalten, wenn sie nachweisen können, dass sie nachhaltig fischen und dies gilt auch für das Fischen außerhalb ihrer eigenen Gewässer. Sie erbringen den Beweis der Nachhaltigkeit selbst, der von keiner Kontrollinstanz überprüft wird und dies genügt für die Fortsetzung ihrer Subventionen.  Das Abkommen scheint ein Deal zwischen den führenden Fischereinationen der Welt, die weitermachen können, wie bis jetzt. China gehört zwar nicht mehr zur Gruppe 2 der Entwicklungsländer, die eine lange Übergangszeit zum Abbau der Subventionen hat. In dieser Gruppe befinden sich Länder wie Indien, Indonesien, Vietnam, Peru, Thailand. Das Hauptproblem der Fischerei heute werden durch dieses Abkommen nicht gelöst: Die Überfischung der Weltmeere durch legale und illegale Fischerei, die vor allem die Lebensgrundlagen der kleinen Fischerleute zerstört, die limitierte technische Kapazitäten haben. Einige der Champions der illegalen Fischerei wie China sind die großen Gewinner. Für die Kleinen Fischer an den Küsten des Senegals und Mauretaniens geht die Zerstörungswucht großer Fangflotten ungehindert weiter.

Ein anderes Streitthema bleibt das von u.a. von der Afrika-Gruppe angestoßene Diskussion um Policy Space for Development. Für diese Länder geht es darum, WTO-Regeln so zu reformieren, dass nationale Regierungen mehr Handlungsspielräume für Regulierung zugunsten der eigenen Industrialisierung und Schaffung von Wertschöpfungen erhalten.  Dies bringt ins Zentrum der Frage der Marktöffnung, Schutzmechanismen für lokale Industrie und Umgang mit Industrie-Subventionen. Auch hier bleibt es unklar, ob es zu einer Einigung kommt.

Die Situation sieht nicht besser aus im Blick auf das Moratorium für E-Commerce. Ob es verlängert wird, bleibt offen. Aus diesem Grund wird hinter den Kulissen die Idee einer Koalition der Willigen bereits diskutiert, die eine plurilaterale Vereinbarung anstreben könnten. Klar ist, dass ein plurilaterales Abkommen nicht verhindern kann, dass diejenigen Länder, die es nicht mittragen, Zölle auf elektronische Übertragungen einführen. Genau das wollen die führenden Technologie-Nationen verhindern. Andere Länder sehen im Auslaufen des Memoratoriums eine Möglichkeit, neue Einnahmen zu generieren.

Beim Thema „Dispute Settlement“ war es nicht geplant, eine endgültige Lösung hier in Abu Dhabi herbeizuführen.  Realistisch wurde angestrebt, dass das Abkommen bis Ende 2024 feststeht. Dafür sollte Abu Dhabi die Verhandlungen substanziell voranbringen, auch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass über 2024 hinaus eine Vereinbarung noch schwerer werden könnte, sollte in den USA ein Machtwechsel stattfinden.

Aus einigen Wirtschaftskreisen aus Industrienationen ist zu hören, dass große Zufriedenheit darüber herrscht, dass, dass eine Verlängerung der Trips-Waiver nicht auf der Liste der prioritären Forderungen der Industrieländer steht, wie befürchtet.  Aber wie es oft ist bei der WTO, können Themen in letzter Minute auf den Plan gesetzt werden und Abläufe und sicher geglaubte Ergebnisse torpedieren.

Eine der sicheren Erkenntnisse dieser MC13 ist, dass die Tendenz, dass die Grenzen der Fronten sich neu konfigurieren, beunruhigende Maße annimmt. So sind Schwellen -und Entwicklungsländer keine Einheit mehr, sondern eine dynamische Gruppe, die sich je nach Interessenlage immer neu definiert. So hat Indien nur die eigenen Interessen im Blick, wenn es um Public Stockholding geht. Das gleiche tut auch mittlerweile die agrarexportorientierte Nation Brasilien. China macht ein Deal mit der EU, den USA, Russland, Norwegen und Japan, um die Gewässer der ärmeren Entwicklungsländer weiter zu überfischen. Zuggleich mobilisiert China Entwicklungsländer, einschließlich der LDCs, für eine Initiative zu Investments Facilitation, die die USA aufgrund der Gefahren für „Policy Spa“ ablehnen, die aber von der EU unterstützt wird. Letzteres Beispiel zeigt, dass auch zwischen den USA und der EU manche Interessen divergieren, was sich auch beim Thema „Dispute Settlement Mechanism“ zeigt. In dieser Konstellation, in der sich die Allianzen der Großen Mächte unter sich und mit den Mittelgroßen immer flexibler werden, droht den kleineren und ärmeren Ländern eine Verschärfung der Rolle als Spielwiese, die jede Zeit von allen ausgenutzt werden kann. Nur die Schaffung einer neuen Gegenmacht innerhalb der WTO kann dies verhindern. Auf Indien, China und Brasilien sollten sie sich nicht mehr verlassen. Diese haben eine Zeit lang den Wiederstand der Schellen- und Entwicklungsländer innerhalb der WTO geprägt.